Fassade und Kern (Teil 1)

Mich fasziniert die nahe Verwandtschaft zwischen der äußeren, oberflächlichen, „symptomatischen“ Persönlichkeit und dem tiefliegenden bioenergetischen Kern, der Natur des Individuums. Es gibt eine tiefgreifende Identität zwischen beiden, während der Charakter etwas Fremdes ist, das irgendwie nicht dazu gehört; etwas, das von außen aufgenommen wurde: es ist die Emotionelle Pest in uns. – Kern und Persönlichkeit: Die Einheit von äußerem Schein und innerlichstem Sein. Zum Beispiel führt das, was uns als allererstes und oberflächlichstes bei unseren Mitmenschen auffällt, ihr Augenausdruck, schnurrstracks zu den tiefsten und frühsten prä- und perinatalen Schichten ihrer individuellen Existenz. Ich erinnere nur an die Photoserien, wo Babyphotos eines Menschen mit seinen Photos im Greisenalter verglichen werden: der Ausdruck ist (wieder) identisch. Reich sprach vom unaufhebbaren Roten Faden der Persönlichkeit, den man erfühlen muß – und den man sofort sieht. „Der erste Eindruck ist der Wahrhaftigste.“

Das Äußere und das Innere sind funktionell identisch und können nur zusammen gegen die Emotionelle Pest (die „mittlere Schicht“ zwischen ihnen) ankämpfen, sie in Schranken halten. Aus diesem Grund ist es der ultimative Verrat an der Sache des Lebendigen, wenn an unserem Selbstbild manipuliert wird. Man kann einen Menschen zerstören, wenn man ständig sein Äußeres, sein Verhalten und Benehmen niedermacht: es geht unmittelbar in den Kern hinein. Es sei nur an all die Anorektikerinnen und Bulimikierinnen erinnert, die die Scheinwirklichkeit der „Supermodells“ verinnerlichten und so eine Körperschemastörung davongetragen haben. Jeder, der mit der heutigen Jugend Kontakt hat, weiß, daß sich ihr Leben nur um eines dreht: von der eigenen Gruppe anerkannt zu werden, indem man sich gibt wie alle anderen, die gleichen Markenklamotten trägt, die gleichen Interessen hat, sich an den gleichen Vorbildern aus den Massenmedien orientiert – das gleiche denkt und empfindet. Nicht dazuzugehören, d.h. nicht das eigene Wesen zu opfern und eine Persönlichkeit zu sein, wird mit sozialer Vernichtung bestraft.

Die Scheinwelt zerstört unser aller Leben. Wer kann seine eigene Existenz als Mann noch ertragen, wenn er ganz in der Phantasiewelt eines James Bond voller Abenteuer, Aufregung und Sexbomben aufgeht? Welche Frau kann sich noch wohl fühlen in ihrer Haut, wenn sie ständig mit den retuschierten Photos von überirdisch perfekten Schönheiten konfrontiert ist? Wie die bekannte Schauspielerin Christine Kaufmann in dem unten verlinkten Vlog beschreibt, ist es in Amerika sogar schon so, daß für Kinder gilt „Smile or die!“ Sie werden von ihren Eltern am Maßstab von Kinderstars gemessen. Kinder, die sich nicht so verhalten wie Kinderstars, sondern wie normale Kinder, werden mit Psychopharmaka ausgerichtet.

Es ist sogar schon so weit gekommen, daß „Tiefe“ und „Persönlichkeit“ nichts weiter als Show ist. Kaufmann verurteilt die Eitelkeit und Künstlichkeit vieler ihrer Kollegen.

Ich finde viele unserer sogenannten deutschen Stars sind so manieriert. Die immer gleichen bedeutenden Blicke und Gesten, die man sich durch die ständige Beobachtung und das Kreisen um sich selber einstudiert hat, finde ich extrem langweilig und übertrieben.

Sie selbst habe ihre eigenen Filme nie angeschaut,

weil für mich immer wichtig war, daß ich nicht vergesse, wer ich jenseits der Scheinwelt bin – welche Interessen, Ängste und Gelüste ich in Wirklichkeit habe. Das kann man besser, wenn man sich nicht in der Außenwelt verliert.

Hier diese wunderbare Frau, die den bioenergetischen Kern gegen die Emotionelle Pest verteidigt:

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4 Antworten to “Fassade und Kern (Teil 1)”

  1. David Says:

    Die Einheit von äußerem Schein und innerlichstem Sein. Zum Beispiel führt das, was uns als allererstes und oberflächlichstes bei unseren Mitmenschen auffällt, ihr Augenausdruck, schnurrstracks zu den tiefsten und frühsten prä- und perinatalen Schichten ihrer individuellen Existenz.

    1. Steht glaube ich so ähnlich auch in vielen so Geschäftsleute-Ratgebern …

    2. man denke an die Therapie die meist mit dem Kopfsegment / Augensegment beginnt wo einerseits Fassade ist und andererseits mit der frühesten, der okularen Phase zu tun hat.

  2. O. Says:

    Nationalsosialismus in einem Satz definiert: „Nicht dazuzugehören, d.h. nicht das eigene Wesen zu opfern und eine Persönlichkeit zu sein, wird mit sozialer Vernichtung bestraft.“

  3. Frank Says:

    Schöner Verschreiber (weil ja eigentlich das Gegenteil gemeint: „Naturfrau“): „Wie die bekannte Schauspielerin Christine Kunstmann …“ 🙂
    Ansonsten wie immer. Excellent – und nirgendwo finde ich vergleichbare Analysen!

  4. Peter Nasselstein Says:

    Das perfekte Video zum Thema: die Überschrift ist ironisch gemeint, es geht darum, daß Hillary bei einer angeblichen Townhall-Versammlung vorher formulierte Fragen, von Schauspielern verlesen läßt (hier eine Kinderschauspielerin, die patriotisch hergemacht wurde) und dann ganz überrascht tut, wie toll doch die Frage sei. Die Frage dreht sich um Trump, der das Selbstwertgefühl von Frauen zerstört, indem er sie als „fette Schweine“ bezeichnet. Trump hatte vor Jahren die Firma gekauft, die die Miss Universum-Veranstaltungen macht und sich mit Miss Universum gestritten, der er monatlich schließlich hunderttausende von Dollar gezahlt hat, während die sich vollfraß und zig Kilo zunahm. Ein privater Streit vor vielen Jahren, den Hillary nun an die Öffentlichkeit zog. – Das ganze ist so verrückt, hat derartig viele Beziehungen zum Thema. Allein schon, daß eine Bürerversammlung ja dazu da ist, Politiker mit der arbeitsdemokratischen Sphäre der Werktätigen (Kern) zu verbinden, stattdessen macht Hillary daras ein ekliges und vor allem verlogenes Schmierentheater (Fassade):

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