Posts Tagged ‘Serotonin’

David Holbrook, M.D.: TEXT AN DIE MUTTER EINER 20JÄHRIGEN PATIENTIN / BORDERLINE-ZUSTÄNDE / ZU POSITIVITÄT UND NEGATIVITÄT / ÜBER SCHLAFLOSIGKEIT, EMDR UND KVT

20. August 2020

 

DAVID HOLBROOK, M.D.:

 

Text an die Mutter einer 20jährigen Patientin

 

Borderline-Zustände: Textaustausch mit der Mutter einer Borderline-Patientin

 

Zu Positivität und Negativität. Hysterie, Wut und die dunkle Seite: Brief an eine Hysterikerin

 

Über Schlaflosigkeit, EMDR und KVT (Brief an einen Patienten)

 

ZUKUNFTSKINDER: 3. Die Entstehung des „Nein“, a. Die Emotionelle Pest im Angriff auf den Urquell des Lebens

6. Februar 2018

Ein neuer Artikel auf http://www.orgonomie.net:

ZUKUNFTSKINDER:

3. Die Entstehung des „Nein“, a. Die Emotionelle Pest im Angriff auf den Urquell des Lebens

ZUKUNFTSKINDER: 2. Die Vererbungsfrage, a. Genetik und Epigenetik

31. Januar 2018

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ZUKUNFTSKINDER:

2. Die Vererbungsfrage, a. Genetik und Epigenetik

Emotionen sind für den Therapieerfolg wichtiger als Einsicht und Deutung

22. Februar 2017

So der Titel eines Tagungsberichts von dem Psychiater und Psychotherapeuten Andreas Meißner im NeuroTransmitter (Feb. 2017), dem offizielles Organ der Nervenärzte, Neurologen und Psychiater. Im Gegensatz zur ursprünglichen Psychoanalyse sei heute die Therapie dieses Traditionsstranges intersubjektiv statt hierarchisch, partnerschaftlich statt autoritär. Die therapeutische Beziehung ist der entscheidende Wirkfaktor, nicht mehr Deutung und Einsicht. Früheste nonverbale Beziehungserfahrungen werden jenseits der Sprache im prozeduralen Gedächtnis („Beziehungsgedächtnis“) abgelegt und können deshalb nicht „gedeutet“ werden, sondern es kann in der therapeutischen Beziehung allenfalls zur Nachreifung kommen. Die Gesprächsatmosphäre wird wichtiger als die kognitive Verarbeitung, denn sie schafft einen „Entwicklungsraum“. Entsprechend kommt es ganz entscheidend auf die Wahrnehmungsfähigkeit, die Lebendigkeit und das Verständnis des Therapeuten an.

Liest man die entsprechenden Ausführungen, muß man spontan an Reichs Konzept von gegenseitiger orgonotischer Erstrahlung und Anziehung denken. Etwa wenn es bei Meißner heißt:

Es handelt sich [bei Therapeut und Patient] um ein analytisches Paar, das etwas neues Drittes erschafft, eine neue Wirklichkeit, eine neue gemeinsame Erfahrung, aus der nun beide Beteiligten verändert hervorgehen, verändert in verschiedener Weise und in unterschiedlichem Ausmaß.

In dieser Art von Therapie hört der Patient auf, sich als bloßes Opfer längst vergangener Interaktionen zu betrachten, sondern (ganz wie in Reichs Charakteranalyse) tritt das Hier und Jetzt in den Vordergrund.

Soweit referiert Meißner Ausführungen des emeritierten Professors für Psychosomatik und Psychotherapie, Michael Erdmann. Im Anschluß daran beschreibt Meißner ergänzende Ausführungen des Professors für Verhaltensphysiologie und Neurobiologie, Gerhard Roth:

Pränataler und früh postnataler milderer Streß der Mutter führt beim Kind zu einem erhöhten Kortisolspiegel, der einhergeht mit Überängstlichkeit, Melancholie oder Angststörungen. Bei stärkerem, chronischem und nicht bewältigbarem Streß führt der entsprechende Hyperkortisolismus zu atypischer Depression, Empfänglichkeit für posttraumatische Belastungsstörungen und zu emotionaler Unempfindlichkeit bis hin zur Psychopathie (wie man sie etwa beim „gefühllosen Berufskiller“ findet). Der Hyperkortisolismus geht fast immer mit einer verminderten Serotoninproduktion einher, was zu Störungen der Regulation von Nahrungsaufnahme, Schlaf, Temperaturregulation, der Fähigkeit der Verhaltensregulation, Beruhigung und Wohlbefinden, etc. führt. Reich sprach hier von „Sympathikotonie“, der chronischen energetischen Kontraktion des Organismus, die bereits im Uterus anfange, spätestens aber während und unmittelbar nach der Geburt.

Dem könne, so Roth, ein Oxytocinanstieg im Rahmen einer liebevollen Interaktion entgegenwirken. Die Kortisolproduktion werde verhindert, der Serotoninspiegel steige. Damit sei die Möglichkeit einer Kompensation früher psychischer (gemeint ist wohl eher emotionaler) Defizite gegeben.

Aus diesem Grund seien auch rein kognitive Therapiestrategien kaum erfolgreich. Die neurobiologische Forschung zeige, daß die Wirkung etwa der kognitiven Verhaltenstherapie auf emotional wirkenden Faktoren beruhen müsse, wie die Bindung zum Therapeuten und das konkrete verhaltenstherapeutische Training und Einüben im Hier und Jetzt. Ähnliches ließe sich über die „einsichtsvermittelnde und bewußtmachende“ Psychoanalyse sagen. „Eine rein sprachlich aufklärende Mitteilung wirke nicht auf die subkortikalen limbischen Zentren, erläuterte Roth. Wirksam wird die Behandlung, wenn emotionale Dinge eine Rolle spielen.“ Ähnliches sagte Reich in der damaligen Begrifflichkeit seit Anfang der 1930er Jahre. Die psychoanalytischen Sektierer haben ihn dafür mit einem gnadenlosen Haß und abgrundtiefer Verachtung gestraft.

Auf die Orgontherapie verweist folgende Stelle in Meißners Aufsatz: Durch die therapeutische Allianz komme es zu den erläuterten neurobiologischen Veränderungen hinsichtlich Kortisol, Serotonin, Oxytocin, etc. Doch „Roth wies darauf hin, daß die eigentlichen strukturellfunktionellen Defizite dabei aber offenbar nicht behoben werden, was die hohe Rückfallquote von 80% erklären könnte“. Deshalb spiele „das Aufspüren von Ressourcen und das Einüben alternativer Schemata im Fühlen, Denken und Handeln“ in einer zweiten Therapiephase eine große Rolle. Die neurobiologische Umstrukturierung brauche halt Zeit. Schön und gut, aber tatsächlich scheitern diese Therapien letztendlich, weil die PANZERUNG nicht angegangen wird!

Emotionale Gesundheit: Die medizinische Orgontherapie im Vergleich zu anderen Verfahren (Teil 3)

27. Dezember 2014

DIE ZEITSCHRIFT FÜR ORGONOMIE

Richard Schwartzman: Emotionale Gesundheit: Die medizinische Orgontherapie im Vergleich zu anderen Verfahren (Teil 3)

acologo

Fickende Gehirne

28. Mai 2014

Reich beschreibt, wie ihn 1919, beim ersten Kontakt mit der Psychoanalyse, deren Umgang mit der Sexualität abstieß.

Die Art, wie das Thema (…) behandelt wurde, klang mir sonderbar, naturfremd. Ich spürte eine Ablehnung in mir. (…) Ich hatte das Geschlechtliche anders erlebt, als ich es damals vorgetragen bekam. Das Sexuelle hatte in diesen ersten Vorträgen etwas Bizarres, Fremdartiges an sich. Eine natürliche Sexualität schien es nicht zu geben. Das Unbewußte war erfüllt von perversen Trieben allein. Die psychoanalytische Lehre leugnete zum Beispiel die Existenz einer primären vaginalen Erotik des kleinen Mädchens und ließ die weibliche Sexualität aus komplizierten Zusammensetzungen anderer Triebe hervorgehen. (Die Funktion des Orgasmus, Fischer TB, S. 26f)

Fast ein Jahrhundert später sind die Fronten noch immer dieselben. Nichts hat sich verändert. Man lese nur den Band Der „Fall“ Wilhelm Reich, mit dem Suhrkamp Reich zu dessen hundertstem Geburtstag „ehrte“. Unter anderen Tat sich Ulrike Körbitz vom „Grazer Arbeitskreis für Psychoanalyse“ hervor. Hier die Einladung zu ihrem Vortrag „Ohne Mord kein Vergnügen – Psychoanalytische Gedanken zum Orgasmus bei der Frau“:

Wie können wir uns aus Perspektive moderner psychoanalytischer und sexualwissenschaftlicher Konzepte dem Geschehen rund um den Orgasmus bei der Frau annähern? Für dieses „Abenteuer im Kopf“ wird die phasenweise heftig geführte Debatte über die hierfür „richtigeren“ körpergeographischen Orte – Klitoris oder Vagina – eine höchstens historische Rolle spielen; ebenso die der Orgasmusfähigkeit häufig zugeordneten Paradigmen einer gesunden, reifen, heterosexuell ausgerichteten Genitalität. Mein Vortrag führt statt dessen zu der Frage: Wer mordet hier wen oder was? Klärungen auf Basis von Indizien einer „erotischen Kette“ (A. Green) werden versucht und hoffentlich in der Diskussion gemeinsam vorangetrieben.

Siehe dazu das Martyrium von Marilyn Monroe, die von ihrem Psychoanalytiker Ralph Greenson, einem Schüler von Otto Fenichel, systematisch zerstört wurde. 2003 hat der Autor Mathew Smith erstmals die Tonbänder veröffentlicht, die Marilyn Monroe kurz vor ihrem Tod für Greenson besprach: „Ich hatte nie einen Orgasmus. Ich erinnere mich, wie Sie zu mir sagten: Ein Orgasmus passiert im Kopf, nicht im Becken.“ Das „Sexsymbol“ schlechthin und der verkopfte Psychiater….

In der März 2009-Ausgabe von Info Neurologie & Psychiatrie erschien ein kurzes Interview über „Erotik im Kernspin“. Was sagt die funktionelle Magnetresonanztomographie über „das Hirn beim Sex“? Interessant an dem Interview mit Prof. Dr. med. Michael Forsting vom Universitätsklinikum Essen ist zweierlei. Erstens druckt die Redaktion in der Printausgabe am Rande als Blickfänger ein Zitat, das gar nicht im Interview auftaucht: „Lust und Erregung finden nicht im Becken, sondern zwischen den Ohren statt.“ Zweitens kann Prof. Forsting die entscheidende Frage, was sich nämlich während des Orgasmus im Hirn abspielt, nur mit Verweis auf eine niederländische Studie beantworten. Mit Hilfe der Positronen-Emissions-Tomographie wurde festgestellt, „daß das zentrale Merkmal des Orgasmus die Verminderung der kortikalen Aktivität – präfrontaler Kortex/linker Temporallappen – ist. Diese ist verantwortlich für die Enthemmung – den sogenannten Kontrollverlust und die Auflösung bzw. Aufweichung der Körpergrenzen.“

Mit anderen Worten: während des Orgasmus werden die „oberen“ Funktionen des Hirns abgeschaltet! Von wegen: „Lust findet im Kopf statt“!

Und auch in anderer Hinsicht findet Reichs Orgasmustheorie Bestätigung. Prof. Forsting verweist auf die Daten anderer Arbeitsgruppen, die gezeigt hätten, „daß die zerebrale Aktivierung bei Frauen während eines vaginal induzierten Orgasmus intensiver ist als bei klitoral induziertem Orgasmus“.

Wenden wir uns dem Übersichtsartikel „Kommandozentrale Gehirn: Wo die Liebe wohnt“ in der Frankfurter Rundschau über die (2009) letzten Forschungsergebnisse in Sachen Liebe und Sexualität zu:

Bisher hätten Hirnforscher zum Thema Liebe wenig sagen können, da es nicht einfach ist, Versuchspersonen in einen entsprechenden Zustand zu versetzen. Immerhin meinen sie zu wissen, daß Emotionen im Gehirn entstehen und danach Veränderungen im Körper erzeugen. Der Ulmer Hirnforscher Manfred Spitzer:

Wir spüren die Liebe im Herzen, trotzdem spielt sie sich im Gehirn ab. Das Gehirn ist das Organ der Liebe.

Die Londoner Forscher Andreas Bartels und Semir Zeki fanden bei MRT-Untersuchungen (Magnetresonanz-Tomographie) von Verliebten, daß nur vier engbegrenzte Hirnareale das Gefühl der Liebe „hervorrufen“. Der „vordere cinguläre Kortex“ und der „Insellappen“ dienen dem Erkennen eigener und fremder Emotionen und der Verarbeitung von Sinneseindrücken. Für die erotischen Elemente des Verliebtseins seien der „Nucleus caudatus“ und der „Putamen“ verantwortlich.

Entsprechend meint die New Yorker Anthropologin Helen Fisher, die etlichen Verliebten mit Hilfe der MRT „in den Kopf geschaut hat“:

Die romantische Liebe ist eine Sucht erzeugende Droge.

Man könne, so Spitzer, romantische Liebe medikamentös mit Dopamin-Antagonisten ähnlich bekämpfen wie eine Manie oder eine Sucht. Aber natürlich sei Liebe keine Krankheit. Spitzer:

Wir können opiumsüchtig werden, weil unser Gehirn selbst opiumähnliche Stoffe herstellt und nicht umgekehrt.

Seit etwa fünf Jahren wisse man, daß Lernen und Liebe mit den gleichen Hirnarealen und mit der Ausschüttung von Dopamin verbunden sind. Spitzer:

Verliebtheit, Lernen und Glück sind sozusagen verschiedene Seiten des gleichen Funktionszusammenhangs.

Hormonell steht bei Liebe und Sexualität das Testosteron im Mittelpunkt. Es regelt nicht nur bei Männern, sondern auch bei Frauen das sexuelle Verlangen.

Erst seit kurzem weiß man, daß umgekehrt Sex auch den Testosteronspiegel erhöht.

Die biologische Basis für die längerfristige Bindung insbesondere des Mannes an die Frau sei Oxytocin, daß auch für die Mutter-Kind-Bindung sorgt. Es werde infolge von Zärtlichkeit und beim Geschlechtsakt ausgeschüttet. Deshalb habe Sex, so Spitzer, nicht nur eine reproduktive Funktion, sondern auch eine soziale Funktion: es schafft die Voraussetzung für den Familienzusammenhalt.

Soweit das, was „die moderne Naturwissenschaft“ zum Thema zu sagen hat. Auffallend ist die Fixierung auf das Gehirn. Der Körper erscheint nur als eine Art Anhängsel des Gehirns. Die Empfindungen der sich bewegenden Orgonenergie im Körper wird zur bloßen Illusion. Kein Wunder, daß diesen Leuten die eigentliche Funktion des Orgasmus unzugänglich bleibt.

For the record: Wir spüren Liebe im Herzen, weil der Solar plexus das energetische Zentrum des Organismus ist. Das Gehirn ist nur ein Koordinationsorgan.

Die Einzelergebnisse der modernen Forschung, insbesondere die Verbindung von Lernen und Liebe (d.h. die Offenheit für neue Erfahrungen), sowie die Bedeutung regelmäßigen Geschlechtsverkehrs für die hormonelle Ausgeglichenheit, sind natürlich sehr wichtig und bestätigen Reichs Orgasmustheorie, aber ohne Reichs Forschungsansatz hängen diese Forschungsergebnisse zusammenhanglos in der Luft.

Warum wird beispielsweise nicht erwähnt, daß der schulische Erfolg untrennbar mit einem erfüllten Liebesleben zusammenhängt. Man mag auf pickelige Streber verweisen, die es akademisch weit gebracht haben, aber genau sie sind für die mechano-mystische sterile Wissenschaft verantwortlich! Liebe, Arbeit und Wissen sind die Quellen unseres Leben, sie sollten es auch regieren!

Es ist beängstigend, daß Reich mit seiner Arbeit über „die elektrische Funktion von Sexualität und Angst“ uns heutigen weit voraus ist. Es ist, als wäre die Arbeit nicht 1937 erschienen, sondern würde im Jahre 2037 auf uns warten.

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Wahnsinn Psychiatrie

4. Oktober 2011

Das erste Psychopharmakon, das weite Verbreitung fand, war der 1955 auf den Markt gekommene Tranquilizer „Miltown“. Dieses Datum hat eine tiefere Bedeutung, denn spätestens zu diesem Zeitpunkt hatte die American Psychiatric Association (APA) im Verbund mit dem Amt für Arzneimittelsicherheit (FDA) und der Pharmaindustrie den (nicht nur) damals einzig gangbaren Weg der Psychiatrie, die Reichsche Orgontherapie, endgültig ins Abseits gestellt. Innerhalb eines Jahrzehnts war dann auch die ohnehin wirkungslose psychoanalytische Therapie aus den psychiatrischen Kliniken verdrängt. (Die Psychoanalyse war, wenn sie denn mehr sein wollte als „Hören mit dem Dritten Ohr“, bloße Verballhornung der Charakteranalyse!)

Heute sind Psychiater kaum mehr als „Pillenverteiler“. Psychiatrische Kliniken sind berüchtigt dafür, daß sie Patienten mit absurd hohen Dosen und exotischen Pillenkombinationen als „gebessert“ entlassen. Tatsächlich sind die „geheilten“ Patienten einfach nur „high“. Hauptsache die Statistik stimmt! Die „adjuvante“ Psychotherapie wird zunehmend auf Psychologen abgeschoben. Diese Zusammenarbeit von Ärzten und Psychologen ist ein perfektes Gleichnis für den psycho-physischen Parallelismus, der als Kernideologie hinter dem ganzen Zauber der modernen Medizin steht. Es wird einfach nicht begriffen, daß angeblich „psychische“ Störungen in Wirklichkeit emotionale Störungen sind und Emotionen ein bioenergetisches Phänomen darstellen.

Reich konnte „psychische“ Krankheiten heilen, weil er eine bahnbrechende Entdeckung gemacht hatte. Die kranke „Psyche“ schlägt sich in chronischen, der willentlichen Kontrolle und dem Bewußtsein weitgehend unzugänglichen Muskelkontraktionen nieder. Damit stand erstmalig Medizinern ein Weg offen, die „Psyche“ quasi „chirurgisch“ zu behandeln. (Reich bezeichnete die Orgontherapie als „biophysische Chirurgie“, die deshalb Ärzten vorbehalten sein sollte.)

Bezeichnenderweise lautete der Werbeslogan des eingangs erwähnten Tranquilizers „Miltown relaxes both mind and muscles“. Das Mittel entspanne sowohl die „Psyche“ als auch die Muskeln! Heute wird der Wirkstoff ausschließlich als „Muskelrelaxans“ vermarktet. (Übrigens kann das Zeugs einen körperlich abhängig machen!)

Die Sache mit der angeblich gestörten „Hirnchemie“ kam später auf. Man ging daran, „gezielt“ in den Serotonin-, Dopamin-, Melatonin- etc. Haushalt einzugreifen. Und auch hier ist ein Fünkchen Wahrheit auszumachen, denn tatsächlich ist unser Gehirn (genauer gesagt das „retikuläre Aktivierungssystem“) der Schnittpunkt zwischen der objektiven Welt und der subjektiven Welt. Hier fließen alle separaten Wahrnehmungen und Impulse, die außerhalb unseres Kopfes nichts miteinander zu tun haben, zu einer Einheit zusammen, nehmen miteinander Kontakt auf und erzeugen dadurch das, was man „Bewußtsein“ nennt. So kommt das zustande, was Hans Hass als „inneren Projektionsschirm“ bezeichnet hat.

Das ändert jedoch nichts daran, daß irgendwelche Auffälligkeiten in der „Psyche“ Ausdruck des Körpers in seiner Gesamtheit sind, d.h. des bioenergetischen Feldes, das uns durchdringt und umgibt. Man setze sich beispielsweise im Schneidersitz hin und ahme die indischen Handstellungen, die Mudras, nach, etwa die Hände auf die Knie legen. Es ist ein dramatischer Unterschied für unser Bewußtsein bzw. unsere „Stimmung“, ob die Handinnenflächen nach oben oder nach unten gerichtet sind. Oder man halte die Hände wie in der Zen-Meditation, etc.pp.

Jetzt überlege man sich, was es für das Bewußtsein bedeuten muß, wenn eine Körperhaltung, etwa hochgezogene Schultern, über Jahre, Jahrzehnte, festgehalten wird. Nicht nur eine Hand einige Sekunden, sondern ganze Körperpartien über Jahrzehnte hinweg! Hier sind die „psychischen“ Leiden verankert und nirgendwo sonst. (Daß sich das gleichzeitig auch in der „Hirnchemie“ niederschlägt, – wie sollte es anders sein?!)

Ein rigider Körper spiegelt sich in einem rigiden, „mechanischen“ Bewußtsein wider. Das Leben des Neurotikers ist unendlich kompliziert und alles ist „sinnlos“ – und so verhält er sich auch. Ihm dann in der Psychotherapie mit der „Sinnfrage“ zu kommen, versöhnt ihn vielleicht mit dem Elend, doch dieses bleibt bestehen. Gleichzeitig nimmt er begierig die absurde, imgrunde mystischen, Vorstellung auf, Ort der „Psyche“ sei das Hirngewebe und Störungen der „Hirnchemie“ seien für sein Unglück verantwortlich. Er verändere sich mit entsprechenden Glückspillen, – ohne sich und seine Umgebung verändern zu müssen.

Die „Psyche“ spiegelt nicht nur den Körper wider, sondern ist auch untrennbar mit dem „sozialen Raum“ verbunden. Wir können uns beispielsweise den anderen nur öffnen, wenn wir auch unsere Körperhaltung öffnen. Neurotiker laufen ihr ganzes Leben mit einer „abweisenden“ Körperhaltung herum. Wir panzern uns nicht in erster Linie wegen der Umwelt, sondern wegen unserer Mitmenschen ab. Nicht nur die Sprache, das Bewußtsein an sich, sind ein soziales Phänomen. Wären wir keine Herdentiere, gäbe es beides gar nicht, da Sprache und Bewußtsein vollkommen überflüssig wären.

Es ist offensichtlich, Reich hat seit 1928 immer wieder vehement darauf hingewiesen, daß die Charakteranalyse bzw. später die Orgontherapie stets auch eine soziale, soziologische, „politische“ Komponente hat (Stichwort „Arbeitsdemokratie“), die, wie er sukzessive herausfand, wiederum in der Biologie und weiter in der Biophysik und Kosmologie fußt.

Manche Psychiater erfassen das intuitiv, engagieren sich sozial, landen gar in der sozialistischen Politik. Manche entwickeln sich weiter und wenden sich schließlich der „Spiritualität“ und „Esoterik“ zu. Da sie aber im mechano-mystischen Denken gefangen bleiben, trägt das alles nur zum allgemeinen Chaos bei.

Die an Patienten gerichteten Ratgeberbroschüren der Pharmakonzerne, mit denen sie ihre Glückspillen im Markt langfristig verankern wollen, machen typischerweise für Selbsthilfegruppen, „Atemübungen“, Meditation und Yoga Werbung. Selbst die schlimmsten Mechanisten vertreten heute einen „integrativen Ansatz“. Hier und da werden sogar „körpertherapeutische“ Maßnahmen für Patienten angeboten. Alles wirr und ohne Verstand, da das funktionelle Denken fehlt.

Übrigens werden auch in einer zukünftigen funktionellen Psychiatrie Psychopharmaka ihren Platz in besonderen Fällen haben, – nachdem man die „hirnchemischen“ Zusammenhänge wirklich verstanden hat, ähnlich wie Reich es Anfang der 1930er Jahre für das Autonome Nervensystem geleistet hat.